Antje ist 27 Jahre alt und studiert im 8. Semester Pflege DUAL bei uns an der hochschule 21. Vom 28. Juli bis 15. August 2025 hat sie ein Erasmuspraktikum im Ausland gemacht und wir freuen uns, dass sie ihre Erfahrungen im Interview mit uns teilt.
hs21: Wo hast Du Dein Auslandspraktikum absolviert?
Antje: Ich bin in die wunderschöne Stadt Wien (Österreich) gegangen und habe ein Praktikum bei den Advanced Practice Nurses im St. Josef Krankenhaus absolviert. Eine Advanced Practice Nurse (APN) ist ein/e Pflegeexpert/in. In Deutschland erhält man diese Bezeichnung durch einen akademischen Abschluss auf Masterniveau (M.Sc. oder MNS). Ich durfte zwei APNs mit verschiedenen Tätigkeiten und eine Cancer Nurse auf der onkologischen Station begleiten.
hs21: Warum hast Du Dich dafür entschieden, ins Ausland zu gehen?
Antje: Mich hat schon lange interessiert, was in der Pflege im Ausland anders gemacht wird als bei uns. Durch das Erasmus-Programm erhielt ich die Gelegenheit, die Unterschiede im Rahmen eines Praktikums kennenzulernen. In Österreich ist die Professionalisierung der Pflege schon deutlich fortgeschrittener als in Deutschland und das wollte ich mir vor Ort anschauen. Mein Ziel: Erfahrungen und Wissen austauschen und vielleicht gemeinsame Interventionen entwickeln, um die Professionalisierung weiter zu implementieren. Gerade weil in Deutschland die Rolle der APN nicht stark etabliert ist, war es spannend zu sehen, wie Österreich diese spezialisierte Pflegefachkraft einsetzt und welche Voraussetzungen sie erfüllen muss. Zudem wollte ich mich weiterentwickeln und mich neuen Aufgaben stellen.
hs21: Wie unterscheidet sich die Arbeit bei der Praktikumsstelle in Wien von der Arbeit hier während der Praxisphasen?
Antje: Gerade die Arbeit auf den Stationen unterscheidet sich sehr. Wir arbeiten meistens in drei Schichten – Früh-, Spät- und Nachtschicht – und haben sehr selten unterschiedliche Zeitmodelle. In Wien gibt es nur zwei Schichten: eine Tag- und eine Nachtschicht. Dort sind die vollen Schichten 12,5 Stunden lang und nicht wie bei uns 8,5 Stunden. Jedoch werden oft verschiedene Zeitmodelle angewendet. Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden beispielsweise an einem Tag 12,5 Stunden arbeiten, an einem anderen aber nur 10 oder 6 Stunden. Insgesamt muss das Pflegepersonal dort nicht so viele Tage am Stück arbeiten wie bei uns. Auch die Übergaben zwischen den Diensten sind intensiver und gehen in Richtung Bezugspflege. Insgesamt fand ich den Austausch zwischen Theorie, Leitungsebene und Praxis viel enger und effizienter. Die Mitarbeiter/innen werden dazu motiviert, sich weiterzubilden.
hs21: Was war eine besonders schöne oder auch schlimme Erfahrung, die du dort gesammelt hast?
Antje: Meine schönste Erfahrung war die Menschen zu erleben, die mich durch das Praktikum begleitet haben. Alle Kolleg/innen waren sehr freundlich zu mir, haben mich sofort aufgenommen und in den Arbeitsalltag einbezogen. Sie haben mir viele Einblicke in ihre Tätigkeiten ermöglicht.
Eine schlimme Erfahrung hatte ich nicht. Es gab eher Ereignisse, in denen ich erstaunt oder fassungslos war. Zum Beispiel hatte ich eine Kollegin, die vor zwanzig Jahren in Deutschland die Pflegeausbildung und ihr Examen abgeschlossen hat und danach direkt nach Österreich gezogen ist. Sie hat all die Jahre auf der Geburtshilfe in Österreich gearbeitet und hat jetzt eine APN-Stelle angenommen. Sie beabsichtigt nun, ein Studium aufzunehmen, um den akademischen Abschluss für die Tätigkeit als APN zu erlangen. Allerdings wird ihre Bewerbung von österreichischen Hochschulen mit Verweis auf ihr deutsches Examen abgelehnt
hs21: Kannst Du einen Auslandsaufenthalt weiterempfehlen?
Antje: Ja. Das St. Josef Krankenhaus kann ich auf jeden Fall für ein Erasmuspraktikum empfehlen, besonders für Pflegefachkräfte, die eine Vertiefung in der Pädiatrie machen und für Pflegestudierende. Sie können im St. Josef Krankenhaus umfangreiche Einblicke in verschiedene Bereiche wie Pflegequalitätsmanagement, Fachkoordination, APN und Projektentwicklung erhalten.
Genauso kann ich auch die Stadt Wien empfehlen. Es gibt viele Sehenswürdigkeiten, Einkaufsmöglichkeiten, Lokale, Bars und wunderschöne Orte zum Spazieren. Mit den U-Bahnen und den Straßenbahnen ist man in Wien sehr gut vernetzt und erspart viele Laufwege. Zudem fühlte ich mich in Wien auch allein immer sicher.
Insgesamt würde ich immer wieder die Möglichkeit ergreifen ein Auslandspraktikum zu machen, wenn ich mir das Land aussuchen kann. Man sammelt wertvolle Erfahrungen, knüpft berufliche Kontakte und man entwickelt sich persönlich und ggf. auch sprachlich weiter. Ich kann sehr von meinen Erfahrungen aus dem Praktikum im beruflichen Setting profitieren und habe ganz neuen Input für meine Zukunft erhalten. Es lohnt sich auf jeden Fall ein Auslandpraktikum zu machen, wenn man die Chance dazu hat.
hs21: Was nimmst Du aus der Zeit noch mit?
Antje: Das gesamte Praktikum war für mich eine großartige und wertvolle Erfahrung. Ich konnte mir zum Beispiel neue Interventionen aneignen, die auch in Deutschland Anwendung finden könnten. Ich bin für drei Wochen aus meiner Komfortzone „ausgebrochen“ und habe mich neuen Herausforderungen gestellt – und es war in der Zeit und auch rückblickend die beste Entscheidung. Ich habe gemerkt, wie ich mir neues Selbstvertrauen erarbeitet und mich persönlich weiterentwickelt habe.
hs21: Wie läuft das mit der Erasmus-Förderung?
Antje: Dabei hilft unser International Office. Die Fördersumme wird wahrscheinlich meine Anreise, meine Fahrkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel und meine Wohnung ausreichend abdecken können. Dank der Fördersumme konnte ich das Praktikum überhaupt umsetzen.
hs21: Gibt es etwas, was Du kurios fandest?
Antje: Eine Sache ist mir ziemlich im Gedächtnis geblieben: Immer wenn ich berichtet habe, dass ich in Buxtehude studiere, haben alle angefangen zu kichern oder zu lachen oder haben nachgefragt, ob es Buxtehude wirklich gibt. In Österreich sagt man wohl: „Da mach dich doch nach Buxtehude“ oder „Dann fahr halt gleich nach Buxtehude.“ Buxtehude ist dort sowas wie „Mitten in der Pampa“ oder „Da ist der Hund begraben.“ Das war sehr amüsant.